Neustadt am Main - Gestern und Heute
 
    
Im Jahre 2004
Die Südansicht des Margarethenhof
   

Bischofsquelle
Die Quelle auf dem Margarethenhof. Der Bischofsbrunn.
   

Ostansicht
Der Margarethenhof um 1900
   

2004
Die Kapelle auf dem Margarethenhof
   

2004
Das Wappen von Abt Bernhard Krieg auf der Westwand der Kapelle stammt von 1709
   

2004
Die Kapelle
   

2005
Das Kreuz der Margarethenhof-Kapelle ist im Lapidarium ausgestellt
  Der Margarethenhof 

Erstellt am 03. Juli 2005

Alle Textinformationen von Rudolf Madre

 

 

Wandert man von Neustadt aus über den Hornungsberg in nordwestlicher Richtung, gelangt man nach einer knappen Stunde zu einer großen Waldlichtung, den Margarethenhof. Das Gelände ist zum Maintal hin leicht abschüssig und auf den ausgedehnten Wiesen wachsen vereinzelt Obstbäume. Die Gebäude gruppieren sich zu einem großen Hof und stellen so die typisch fränkische Hofgestaltung, nämlich die umgehende Geviertanlage, dar. Um die Häuser wachsen verschiedene Obstbäume und Holundersträucher, die man ebenfalls im Hofbereich wieder finden kann.

 

Die Entstehung:

Über seine Gründung sind uns keine fundierten Quellen überliefert. Sehr wahrscheinlich geht die Entstehung auf die Christianisierung eines heidnischen Quellenkultes zurück. Darauf deutet jedenfalls der Standort der kleinen Kapelle hin, die nur wenige Meter oberhalb einer stark fließenden Quelle errichtet wurde.  Diese wurde im Jahre 1362 zu ersten Male unter dem Namen Bischofsbrunnen erwähnt. Über den germanischen Quellenkult schreibt E. Christmann: „Mit der Heiligkeit der Quellen und des Wassers überhaupt stand im engstem Zusammenhang ein reich entwickelter Quellen- bzw. Wasserkult. Menschen und Tiere, Blumen und leblose Gegenstände wurden dem lebenspendendem Elemente dargebracht. Lichter und Fackeln zündete man bei ihnen an, Versammlungen, Feste und Tänze fanden in der Nähe der Quellen statt.“ Auch galt die Quelle nicht bloß „als Spenderin des Wassers für heilig“, sondern auch als „Weg und Aufenthaltsort seelischer Wesen“  (Reallexikon der germanischer Altertumskunde Bd. II ). Es heißt weiter: „Und da es der Geistlichkeit nicht gelang, diesen festgewurzelten Quellenglauben und –kult auszurotten, wurde auf ihre Veranlassung hin an oder über den Brunnen christliche Kapellen errichtet und diese zugleich mit der Quelle einem Heiligen der Kirche geweiht. Und während in heidnischer Zeit des Gottes Speer oder der Hufschlag eines Rosses die Quelle hat hervorspringen lassen, so hat nun der Heilige durch seinen Stab den Ursprung bewirkt.“ Für diese These spricht auch der Name Margarethenhof. In ten Urkunden heißt es: „...unser Hof zu St. Margaretha, für die Besiedlung durch fromme Christen.“ Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde der Namen von der heiligen Margaretha abgeleitet, denn sie stand schon in früherer Zeit bei der bäuerlichen Bevölkerung in hohem Ansehen und wird bis heute als einer der vierzehn Nothelfer als Patronin des Nährstandes verehrt.

 

Weitaus unsicherer dagegen ist die Datierung der Gründung. Wenn auch das Gebiet um den Margarethenhof in Abschriften der Stiftungsurkunde Karls des Großen im Mai 786 zu Aachen einwandfrei dem Benediktinerkloster Neustadt zugesprochen wurde – „... vom Mainstrom über den Lachberg an den Erphenbrunn“ , so lässt sich das wahre Alter nur an Hand der kleinen Kapelle rekonstruieren. Baugeschichtlich kann man sie ins Ende des 12. Jahrhunderts einordnen; aber setzt man die Christianisierung des Quellenkults voraus, so müsste dies schon der zweite Bau sein, denn im 12. Jahrhundert hat es in der Umgebung von Neustadt keine Heiden mehr gegeben.  Man kann deshalb mit Recht annehmen, dass die Benediktiner schon im 9. oder 10. Jahrhundert den Klosterhof anlegten. Bis heute hat sich die Grenze des ehemaligen Klosters erhalten und bildet nun die Grenze zwischen dem Fürstlich Löwenstein’schen Besitz und der Lohrer Gemarkung. Die Grenzsteine, bis 66 durchnummeriert, stehen heute noch und nur wenige Meter nördlich des Margarethenhofs kann man den 38. Markstein finden. Er trägt auf der Neustadt zugewandten Seite ein N und auf der anderen ein R für Rodenbach.

 

Über die Größe des Hofes ist bis 1614 nichts bekannt; erst dann können wir in einer Quelle, die Pfarrer Link in seiner Beschreibung der Benediktinerabtei Neustadt am Main verwendet, Näheres lesen: „Der Gutsbauer hielt in der Juliuszeit folgenden Viehstand: 16 Ochsen, 5 Kühe, 5 Kalbing, 24 Schweine groß und klein. Derselbe musste mit seinem Gesinde 16 Stück zahmes Rindvieh in der Sommerzeit für das Kloster halten und hüten; auch war er schuldig das wilde Gestüt, welches vom Kloster auf den Hof geschlagen wurde, desgleichen Rinder, Kälber, Schafe und Schweine unter seiner Dachung zu unterhalten.“ Dazu standen ihm 94 Morgen Ackerland, 60 Morgen Wiesen und 67 Morgen Wald zur Verfügung. In die heutigen Flächenmaße umgerechnet entspricht dies etwa 55 Hektar. An diese Zeit erinnert noch heute der Gemarkungsnamen Saufang, ein seit etwa 50 Jahren bepflanztes Wiesenstück, das östlich des Margarethenhofs um einige, mit alten Waldbäumen bewachsene Steinhaufen liegt.  Im Laufe der Jahre spezialisierte sich der Hofbauer vorwiegend auf die Viehzucht, deshalb sank die Ackerfläche bis 1847 auf 33 Morgen und die Wiesenfläche stieg auf 120 Morgen. Aus der damaligen Katasterkarte geht hervor, dass fast die ganze Fläche mit einem Holzzaun umgeben war, der bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts instand gehalten wurde.

Im Jahre 1803 wurde das Kloster durch den Reichsdeputationsbeschluss aufgelöst und sein Besitztum wurde dem Fürsten Konstantin von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg als Entschädigung für die auf dem linken Rheinufer erlittenen Verluste zugesprochen. Damit erlosch auch auf dem Margarethenhof der landwirtschaftliche Großbetrieb. Später wohnten in dem neu errichteten und 1906 erweiterten Wohnhaus ein Förster und ein Waldarbeiter. Nach seiner Übernahme ließ das fürstliche Rentamt in Neustadt auf den Wiesen spalierförmig etwa 800 Obstbäume anpflanzen, deren Erträge zusammen mit der Wiesenbenutzung an Meistbietende versteigert wurden.

 

Inzwischen wurde ein Großteil der Ostbäume wieder entfernt, da sie bei der Wiesenbearbeitung mit modernen landwirtschaftlichen Geräten hinderlich waren. Ebenso wurden die Äcker, die der Eigennutzung der dort lebenden Familien dienten, wieder in Wiesen zurückverwandelt. Zwischen 1950 und 1970 wurden größere Wiesenflächen (z.B. Buchwiese, Erlenwiese, Kirschenwiese, Saufang) mit Fichten aufgeforstet, so dass die einstige Größe der Lichtung nur noch wenigen bekannt ist.

  

Die Gebäude:

Der Hof hat seine ursprüngliche Größe und Gestalt weitgehend bewahrt, doch sind aus älterer Zeit nur noch die Stallungen auf einer Länge von 16 m und die Kapelle erhalten. Der südliche Teil der Stallungen wurde in späterer Zeit um ein Stockwerk mit 2 Zimmern erhöht, die bei Jagden als Unterkunft für Jagdgäste dienten.

Die Südseite ist fast vollständig mit einer etwa 2,50 m hohen Mauer umgeben, die nur durch ein großes, zweiflügliges Hoftor und daneben von einem kleinen Fußgängertor unterbrochen wird, an dem sich nach außen hin bis etwa 1970 eine Holzlaube anschloss, in der 4 große Steintische aus Buntsandstein standen. Rechts neben dem Hoftor befindet sich die Waschküche mit einem Backofen, in dem noch in den 60-er Jahren  Brot gebacken wurde. Die Waschküche wurde um 1960 an den bestehenden Backofen angebaut.

An der Ostseite steht der lang gezogene Wohnbau. Er wurde erst unter Fürst Löwenstein an Stelle des alten errichtet  und 1906 nochmals nach Norden hin erweitert. Ob das Wohnhaus des Hofbauers baufällig war, oder ob es sich nur um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme handelte, wie mündlich überliefert wird, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Lange Zeit bewirtschaftete der Förster noch eine kleine Gastwirtschaft, wie man sie noch heute auf dem nahe gelegenen Forsthaus Aurora findet. Heute sind die beiden Wohnungen als Wochenendhäuser vermietet.

 

Zwischen dem Wohnhaus und der Kapelle zieht sich wieder die Umfassungsmauer hin, an der der kleine, 2m hohe Torbogen zur Quelle hin auffällt. An seiner Außenseite ist die Jahreszahl 1709 eingemeißelt. Daraus kann man schließen, dass Abt Benedikt Krieg (1703 – 1729) diesen Bogen, wenn nicht sogar die ganze Mauer errichten ließ.

 

Die Kapelle:

Das interessanteste Gebäude auf dem Margarethenhof ist die Kapelle. Es ist ein kleiner romanischer Bau und wird als das älteste Zeugnis menschlichen Wirkens auf dem Hof angesehen. Von der einstigen Schönheit und Würde ist nicht mehr viel übrig geblieben, da sie profaniert ist und lange Zeit als Holzlagerraum und Abstellraum für forstwirtschaftliche Geräte benutzt wurde. Zudem brachte im März 1999 ein Sturm das schon lange Zeit morsche und löchrige Dach und die nördliche Außenmauer zum Einsturz. Bis zum Sommer 2000 wurde die Kapelle wieder errichtet, so dass das Gebäude als Ganzes wieder erhalten ist.  

Beim Neubau des kleinen Gotteshauses wurden Maße von der Mutterkirche, dem Münster I, in Neustadt übertragen. „... Das ist nicht verwunderlich für eine Gesinnung, die im Bauen nicht bloß einen technischen Vorgang, sondern ein hohes menschliches, religiöses Ereignis sah, wo wirkliche und wirkende Kräfte vergegenwärtigt und übereignet werden, wie bei der Liturgie und dem Reliquienkult.“ (W. Böckelmann:  Die Stiftskirche zu Neustadt am Main) Die lichte Länge des Saalraumes ist ebenso groß wie die des Schiffes vom Münster I, nämlich 810 cm. Das gleiche traf wahrscheinlich auch für die lichte Breite zu, doch wurde die Südseite in jüngerer Zeit mit einem etwas schwächeren Mauerwerk neu aufgeführt. Einen Zusammenhang lässt auch das Kämpfergesims am Chorbogen erkennen, es ist nur aus Platte und Kehle zusammengesetzt und somit eine vereinfachte, im Verhältnis 3:2 verkleinerte Nachbildung des Kämpferprofils in der Neustädter Vierung. Ebenso waren Schiff und Chor flachgedeckt, wovon allerdings nichts mehr vorhanden ist.

 

Die Seiten im Einzelnen:

Die Südseite:

Sie wurde in jüngster Zeit mit behauenen Steinen neu errichtet, dabei wurde der alte Torbogen, von dem man annimmt, dass er sich ursprünglich an der Nordseite befand, wieder verwendet. Außerdem wurde ein großes, rechteckiges Fenster eingefügt.

 

Die Ostseite:

Hier steht der viereckige Chor, den Abt Georg Ehalt (1619 – 1633) mit einem Aufwand von 350 fl erbaute. Deutlich sind noch auf der Nordseite die Mauerfugen zwischen neuem und altem Mauerwerk zu erkennen. Er verwendete wieder die alten romanischen Fensterrahmen und setzte zusätzlich an der Südseite ein größeres nachgotisches Spitzfenster ein. Über den Grund dieses Umbaues ist man sich nicht im klaren. Während man früher annahm, die halbrunde Apsis sei baufällig gewesen, entdeckte man bei Grabungen, die auf Initiative von Pfarrer Langhans 1975 durchgeführt wurden, im Chor eine gruftähnliche Kammer mit einem kleinen Fenster an der Nordseite. Diese Gruft war für die alte Apsis zu groß, deshalb, so glaubt man nun, war ein größerer Neubau notwendig. Über den Verwendungszweck dieser Gruft tappt man im Dunkeln, da bei den Grabungen keine Hinweise gefunden wurden. Da es eine geräumige Gruft ist, müsste sie schon für eine größere Persönlichkeit gebaut worden sein; aber ob sie überhaupt jemals als solche verwendet wurde, ist völlig ungewiss. Im Chor befand sich eine eiserne Giebelfahne mit der Aufschrift

G E O R G I V S

E H  [A]L D

[A]B B [A]S

Diese Fahne befand sich lange Zeit im Heimatmuseum in Lohr und kann jetzt im Lapidarium in Neustadt besichtigt werden.

 

Die Nordseite:

Diese Mauer mit ihren 3 kleinen Rundbogenfenstern dürfte das älteste Mauerwerk auf dem Margarethenhof sein. Es ist in Bruchsteintechnik aus rotem Buntsandstein ausgeführt.

 

Die Westseite:

Der untere Teil der Westseite dürfte ebenfalls noch altes Mauerwerk sein. Darin eingefügt ist ein romanischer Türbogen, der als Eingang zur hölzernen Empore diente. Die Außentreppe ist nicht mehr vorhanden und auch die Empore, die um 1709 von Abt Bernhard Krieg errichtet worden war, wurde um 1970 wegen Baufälligkeit entfernt. Bei derselben Baumaßnahme erneuerte der Abt auch den Giebel und setzte als Zeichen sein noch gut erhaltenes Wappen ein. In die Giebelspitze ist eine kleine, einfache Steinrosette eingebaut.

  

Der nordwestliche Hof:

An das nordwestliche Eck schloss sich der ehemalige Schafstall an. Dieses Gebäude diente lange Zeit als Holzhalle; im hinteren Teil befand sich eine Handkelter, die vom übrigen Raum durch eine Bretterwand abgetrennt war. Wegen seiner Baufälligkeit wurden diese Gebäude um 1970 abgerissen.

 

Am nordwestlichen Eck des Hofes steht die wuchtige und noch gut erhaltene Scheune, die ebenfalls vom Abt Bernhard Krieg erbaut wurde. Daran erinnert jedenfalls die Jahreszahl 1709 unter dem Klosterzeichen im Schlussstein des Torbogens. Man ist erstaunt, welche Menge Eichenbalken für die Innenaufteilung und vor allem für den Dachstuhl verwendet wurden.

 

 

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