Erstellt am 28.12.2009
Treffen nach 50 Jahren: Schwester Albertine war damals »mit 40 Kindern allein« - Erinnerungen an Kindertage
Neustadt
Vor 50 Jahren übernahmen die Missionsdominikanerinnen den Kindergarten in Neustadt. Die Betreuung ging in die Hände von Schwester Albertina, die kurz vorher aus Köln gekommen war, um in den Orden einzutreten. Doch statt nach Südafrika geschickt zu werden, was ihr Ziel war, kam sie in den Kindergarten. Fünf Jahrzehnte später trafen sich die Ehemaligen aus der Kindergartenzeit mit Schwester Albertina.
Als ausgebildete Kindererzieherin und »Hortnerin« war sie für diesen Posten zwar wie gerufen. Doch die Aufgabe hatte es in sich. »Ich war mit 40 Kindern allein«, erinnert sich die 79-Jährige, deren bürgerlicher Name Hildegard Mauel lautet. Auf ihre Einladung hin kamen rund 40 ihrer ehemaligen Zöglinge zum Treffen im Pfarrheim zusammen. Vermutlich 150 Kinder aus Neustadt und Erlach gingen innerhalb von zwölf Jahren zwischen 1959 und 1971 durch ihre Hände. Als absehbar war, dass das Kloster eine Rehabilitationseinrichtung für psychisch kranke Menschen aufbauen würde, bekam Schwester Albertina eine neue Aufgabe zugewiesen. Dabei blieb sie nach einer heilpädagogischen Weiterbildung 30 Jahre lang. Seit sechs Jahren leitet sie einen Gesprächskreis für Trauernde.
Viele sind weggezogen Um die Einladungen für das Ehemaligentreffen zu verschicken, habe sie sich »als Detektiv entwickelt«, lächelt sie, denn viele der Mädchen und Buben, die sie damals betreute, sind aus dem Ort weggezogen. Einige kamen nach Neustadt zurück, um Erinnerungen aus Kinderzeiten auszutauschen. Im Mittelpunkt stand freilich Schwester Albertina. »Ich konnte die Sprache noch nicht verstehen«, die die Kinder sprachen, erzählt sie. Dieses Detail dürfte damals nicht jedem ihrer Zöglinge gegenwärtig gewesen sein. Schließlich kam Schwester Albertina geradewegs aus dem Rheinland und ihren Heimatdialekt spricht sie immer noch. Beim Reden schaut sie um sich in die Gesichter. »Meine Augen stimmen nicht mehr«, sagt sie, »aber mein Herz stimmt noch«. Sie liebte die Kinder und liebt sie heute noch. Klaus Weyer, der »dienstälteste« unter den ehemaligen Kindergartenbesuchern, bekennt freiweg, »ich bin gern in den Kindergarten gegangen«. Da er in Neustadt geblieben ist, kann er seiner alten Kindergärtnerin versprechen, »früher haben Sie mich an der Hand genommen, heute nehme ich Sie an die Hand«. Was Schwester Albertina unbedingt wissen will, hat mit dem Ofen zu tun, der im Kindergarten stand und an dem sich die Kinder wärmen konnten. Der Ofen war der einzige »Helfer« bei ihrer Arbeit. Sie versuchte immer dafür zu sorgen, dass die Temperatur stimmt. Doch das gelang ihr wohl nicht zuverlässig. Eine Teilnehmerin bekannte nun: »Der Ofen war immer so heiß«.
Weihwasser als Durstlöscher Eine kuriose Erinnerung rankt sich um das Weihwasser, das Schwester Albertine versprengte, damit den Kindern nichts zustieß. Denn der Topf war zuweilen so leer, dass sich Schwester Albertina ihre Gedanken machte, wohin das Wasser hingekommen sein mochte. Vom Verspritzen allein konnte dieser Effekt nicht herrühren. Schließlich fand sie heraus, dass eines der Mädchen damit zu tun hatte. War das Kind nämlich durstig, trank es flugs das bereitstehende Weihwasser aus. Schwester Albertina erinnert sich gern. Sie kam vor 50 Jahren zwar nicht nach Afrika in die Mission, dafür kam sie zu einem ganzen Stall von Kindern. Die Erziehungsarbeit gelang. Bei dem harmonischen Treffen am Samstag gab es keine gegenläufigen Meinungen.
Ulf Kampfmeier
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