Neustadt am Main - Gestern und Heute
 
    
Foto Klaus Weyer, im Hintergrund Johanna Weyer
Der Erphenbrunnen, heute heißt er fälschlicherweise Ruhbrunnen, ist in Deutschland, die älteste urkundlich erwähnte Bachquelle in der freien Natur.
  Rorinlacha = ein mit Röhricht bewachsener Sumpf- der zweite Name von Neustadt am Main 

Erstellt am 04.10.2009, geändert 16.04.2021 und 08.062021


Rorinlacha

Neustadt am Main wurde um 150 n. Chr. von Ptolrmaios als Locoritum erwähnt.

Megingaud, Rorinlacha und Hatto sind in der Vita santi Burkardi Episcopi Wirziburgensis erwähnt.
Im Buch 3, Kap. I., steht:
… "zog er sich mit einigen wenigen an einen entlegenen Ort zurück, der ihm einst von einem gewissen Hatto überlassen worden war".
(Die Schenkung muss 738/39 stattgefunden haben, als Bonifatius und Burkard nach Rorinlacha gingen, Bonifatius kannte Megingaud aus Fritzlar)

… "an dem Ort seine Zuflucht nahm, der damals Rorinlacha, später Nuenstat genannt wurde".

]oseph Schnetz hat den Namen Rorinlacha als ein "mit Röhricht bewachsener Sumpf" erklärt und mit der Beschaffenheit der Gegend um das Kloster gerechtfertigt (20).
Damit hatte er Recht!

Vorher hieß der Ort Locoritum, was übersetzt, Furt in einem See, bedeutet. Erwähnt in der Geographie 2,11,29 des Klaudios Ptolemaios von um 150 n.u.Z. Um 150 war es noch ein See, um 738 war ein großer Teil des Sees, ein mit Röhricht bewachsener Sumpf.
Ein Teil des keltischen See, existiert heute noch im ehemaligen Klostergarten, südlich vom heutigen Kloster.

Auch die Frage nach der Identität des Schenkers des Klostergrundes im Tal, nicht auf dem Michaelsberg, muss hier kurz angesprochen werden. Bereits Stengel hat diesen Hatto mit einem möglicherweise im Wormsgau beheimateten, aber auch in Ostfranken nachweisbaren Grafen Hatto gleichgesetzt (21).

Wenn nun Bischof Megingaud von einem Hatto einen Ort Rorinlacha (das Tal) übertragen bekam, dann fühlt man sich unwillkürlich an das gräfliche Brüderpaar Roggo und Hatto erinnert, die zum Verwandtschaftskreis der Äbtissin Emhilt von Milz gehören (22).
Der besitzmäßige Präsenz dieses Brüderpaares in Franken beschränkte sich aber wahrscheinlich nicht auf den Norden, denn südlich von Würzburg auf der Gemarkung der Gemeinde Reichenberg liegen auf engstem Raum die Wüstungen "Rockenstat" und "Hattenhuson" (23).
An einen Zufall zu glauben, will hier schwerfallen. Der Verwandtschaftskreis um die Äbtissin Emhilt ist ein zu umfangreiches und zu kompliziertes Thema, um hier näher erörtert zu werden.

Dass Hatto und Roggo Brüder waren, ist sehr unwahrscheinlich. Roggo wurde 704 und 744 urkundlich erwähnt, Hatto erscheint 754 (nicht sicher belegt), 767 und 779.

Ob ein Graf Hatto im Wormsgau schon 754 erwähnt wurde, es nicht mit Sicherheit belegbar.

Am 29. Juni 767 wird ein Graf Hatto urkundlich sichtbar. Radulfus schenkt dem Kloster Lorsch Besitztümer, Graf Hatto unterschreibt die Handlung als erster Zeuge.

Ein Hatto ist 779 in der Würzburger Grenzbeschreibung 1 erwähnt. Hatto ist in der Zeugenreihe 2 aufgelistet.

Es sei an dieser Stelle aber darauf hingewiesen, dass ein Graf Erpho, der ebenfalls diesem Kreis zugerechnet wird, offenbar auch Verbindungen zu der Gegend um Neustadt hatte.

In der Markbeschreibung des Klosters Neustadt, die sicher aus karolingischer Zeit stammt, finden sich u. a. die Flurnamen "Erphenbrunnen" und "Erphenbuch" (24).

Dagegen weist der Name der Wüstung Mattenstat (PN Matto) gegenüber von Hafenlohr (25), nicht unbedingt auf einen Besitz der Mattonen in der Nähe des späteren Klosters Neustadt hin. Der Ort hieß ursprünglich "Mordstat".

Mit anderen Worten: Die Schenkung des Ortes Rorinlacha um 738, von Hatto an Megingaud, könnte sehr wohl auf verwandtschaftliche Bindungen zurückgehen, d. h. es könnte sich hier um die erste Gründung eines Männerklosters im Tal von Rorinlacha durch die Mattonen handeln. Wie eng allerdings die Verwandtschaft der Mattonen mit dem Kreis um die Brüder Roggo und Hatto gewesen ist, ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung und mag vorläufig dahingestellt bleiben.


20 Joseph Schnetz, Ältere Geschichte von Neustadt am Main, 1. Teil (mehr nicht erschienen) Würzburg 0.]. (1914) 9 m. Anm. 2.

21 Edmund Ernst StengeI, Das gefälschte Gründungsprivileg Karls des Großen für das Spessartkloster Neustadt am Main (MIOG 58) 1950, 1-30; 10 f. m. Anm. 57-59.

22 Edmund Ernst Stengel, Urkundenbuch des Klosters Fulda Bd. 1 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 10/1) Marburg 1958, 203ff. n. 145 a. b. Zum zeitlichen Ansatz vgl. nunmehr Eckhard Freise, Studien zum Einzugsbereich der Klostergemeinschaft von Fulda (FW 2.3) 1143 ff.; bes. 1146.

23 Stephan Ankenbrand, Die Ortsnamen des Landkreises Würzburg (Mainfränkische Heimatkunde 6) Würzburg 1952, 46 bzw. 112 f. (Roggunstath 849 (?) Feb 12: DLdD 53 (Kopie 12. Jh.); Rockenstat 1060 Juni 22: DH N 66 (Or.); ebd. Hattenhuson).

24 Stengel, Gründungsprivileg 29.

25 Wilhelm Störmer, Marktheidenfeld (HAB Teil Franken H. 10) München 1962, 86f. u. ö. 26 FW 1 273.

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