Neustadt am Main - Gestern und Heute
 
    
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Dieses Bild aus dem Jahre 1971 zeigt die freigelegten Fundamente der ersten Kirche auf dem Michaelsberg in Neustadt. Sie soll auf dem Platz des Jagdhauses der Merowinger Hausmeier entstanden sein. Links im Bild Wilhelm Chalier (BLfD)
  Die neue Klostergeschichte in der Mainpost 2006 Teil 2 

Erstellt am 22.6.2006, korrigiert am 07.08.2006.

 

 

Artikel 2 der neuen Klostergeschichte.

Geschrieben von Martina Schneider, mit nachträglichen Korrekturen von Klaus Weyer.

 

 

Megingauds Kloster platzte bald aus allen Nähten

Umsiedlung an die „Neue Statt“ und Bau der Vierungskirche

 

Drei Klöster mit zehn unterschiedlichen Klostergebäuden gab es in Neustadt,

das erste Kloster mit sechs unterschiedlichen Gebäuden wurde von Benediktinern gegründet,

das zweite Kloster von den Franziskanerinnen

und das dritte Kloster mit drei unterschiedlichen Gebäuden von den Dominikanerinnen, die auch heute noch im Missionshaus St. Josef in Neustadt leben und wirken.

Vom Benediktinerkloster an der "neuen Statt", dem vierten Klostergebäude steht heute noch der untere Teil, das Mittelteil der Vierungskirche nördlich von der heutigen Pfarrkirche, die am 22. August 781 zusammen mit dem Kloster eingeweiht worden war.

 

Der Mittelturm war ursprünglich mit rund 17 Metern etwa doppelt so hoch als der Rest, der heute noch acht Meter aufweist, erzählt Heimatforscher Klaus Weyer und berichtet, dass der mittlere und südliche Teil der Vierungskirche unversehrt bis ins 19. Jahrhundert standen. "1841 ließ Fürst Löwenstein den Ost-, Süd- und Westflügel sowie Teile des Mittelschiffs bis auf den unteren Teil des Turmes abreißen."

 

Verantwortlich für dieses Benediktinerkloster samt Vierungskirche war Megingaud, der im Alter von 58 Jahren nach 15-jähriger Amtszeit als zweiter Bischof von Würzburg seinen Bischofsstab abgab und mit einigen Mönchen zurückkehrte in seine alte Klosterzelle nach Rorinlacha (Neustadt). Die Gründe für Megingauds Abdankung sieht Weyer im Zusammenhang mit der Sachsenmissionierung.

 

"Pippin III., der Vater von Karl dem Großen, starb am 24. September 768. Karl und sein Bruder Karlmann II. übernahmen die Macht und wurden 768 gekrönt", berichtet der Neustädter Hobby-Historiker. Nach dem plötzlichen Tod Karlmanns 771 habe Karl mit der Niederwerfung und Missionierung der Sachsen begonnen. Weyer: "Dafür brauchte er fertig ausgebildete Mönche als Missionare und für sie ein Ausbildungszentrum", das Kloster Neustadt. Megingauds Nachfolger in Würzburg, Bischof Berowelf, der Megingaud bis zu seinem Tod "belästigte", schickte diesem später 50 Glaubensbrüder aus Würzburg nach, heißt es in den alten Quellen. "Vielleicht half aber auch Karl der Große ein bisschen nach", vermutet Weyer.

 

Dadurch platzte das damalige kleine Kloster samt Saalkirche (Das Benediktinerkloster 2, siehe hierzu Artikel 1 der neuen Gründungsgeschichte) in Neustadt schnell aus allen Nähten, ein Anbau kam aus Platzgründen nicht in Frage. Somit musste ein neues Kloster her. Während der bis 781 dauernden Bauzeit lebten die Mönche auf dem Michaelsberg. "Dort wurde zuerst eine provisorische Übergangskirche erbaut, deren Grundmauern vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege im Jahre 1974 ergraben wurden", erzählt Weyer.

 

Die Vierungskirche mit dem Kloster erhielt bei ihrer Weihe am 22. August 781 laut der Stiftungsurkunde Reliquien von Maria und Martin. Seit 772 hatte es bereits das Privileg eines Königsklosters. Karl der Große, Erzbischof Lullus aus Mainz und Bischof Willibald aus Eichstätt waren bei der Weihe anwesend. "Die Vierung, deren Mittelschiff sich an der Südwand des heutigen Pfarrhauses anlehnt und deren Grundmauern heute noch teilweise sichtbar sind, ist eine der ältesten karolingischen Bauten in Deutschland", berichtet Weyer auf seiner Homepage von Neustadt. "Die komplette Klosteranlage muss für damalige Verhältnisse eine beachtliche Größe besessen haben, denn allein die Vierung ist innen etwa siebenmal größer als die vorherige Saalkirche (Kirche des Kloster 2)."

 

Die Patrozinien der Vierungskirche hatte Dr. Franziskus Büll OSB aus Münsterschwarzach berechnet. Sie waren Martin, Dionysius, Salvator und Hl. Kreuz. "Spätere Änderungen der Patrozinien erfolgten wahrscheinlich schon um 1010 in St. Petri, also vor dem Neubau der späteren romanischen Klosterkirche um 1100", so Weyer. Aufgrund verschiedener Grabungen in den Jahren 1913/14, 1946/47 und 1968/69 ist die Lage der Vierung heute bekannt, nicht aber exakt die Lage des damaligen Klosters samt Nebengebäuden.

 

"Die Ostung der Vierungskirche (+10,5 Grad) und des heutigen Nordturmes der späteren Basilika beziehungsweise heutigen Pfarrkirche sind gleich", erklärt Weyer. "Beide gehören zusammen." Dieser so genannte Wachturm sei früher frei gestanden. Bei Heizungsarbeiten in der Abteikirche war man im März 1987 im westlichen Chorbereich der Basilika auf eine Mauer gestoßen, die auch +10,5 Grad östlich ausgerichtet ist und sicher zum Klaustrum des Vierungsklosters gehörte, berichtet Weyer. Nach seinen Recherchen und Berechnungen befinden sich auch Mauern des Klosters unter der Wiesenfläche zwischen Vierung und Abteikirche. "Sie zu finden wäre eine Aufgabe des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege."

 

Die beim Bau des Reha-Zentrums im Jahr 1976 gefundenen Bronzeschlüssel, Werkzeuge, Schmuck, Glas- und Tonscherben, die damals den Verantwortlichen dieses Amts in Würzburg übergeben worden waren, seien leider bis heute nicht wieder aufgetaucht, bedauert Weyer.

 

Megingaud starb im September 783 und wurde zuerst in Neustadt beerdigt. Später, wahrscheinlich nach Bischof Berowelfs Tod im September 794, sei Megingauds Sarg, der in Neustadt aus Sandstein hergestellt worden war, nach Würzburg gebracht worden, erklärt Weyer. "Der Sarkophag wurde im Jahr 1711 in die Kiliansgruft überführt und steht heute in der Westkrypta der Neumünsterkirche in Würzburg." Die Versinschrift auf der Sargplatte von Bischof Megingaud ist die älteste erhaltene Monumentalinschrift Frankens nach der Römerzeit.

 

Zum Artikel 3 der neuen Klostergeschichte.

 

 

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